Mayday, Mayday, Mayday….this is the „Joker“.

Spanien oder weiter?

Mein Traum ist es weit hinaus auf die Weltmeere zu segeln. Ich Segel seit ich denken kann. 2012 kaufte ich mir mein erstes Segelboot eine Defender 27 namens Joker. Kurze Zeit später, Anfang 2013 plante ich mit meinem 8,10 m langem Boot auf große Reise zu gehen. Ich wollte alleine nach Spanien oder auch weiter, mal schaun wo es mich hinzieht. Auf dem Boot habe ich meine Ruhe, mein Raum, meine Zeit mich auszuleben, wie ich es möchte.

Ich begab mich also auf den Weg raus aus Holland Richtung Belgien & Frankreich. Auf dem Weg dorthin, funktionierte auf einmal Nachts meine Beleuchtung nicht mehr. Ich ließ mich davon nicht beirren und fuhr weiter. Bei Zeebrügge riss das Fockfall beim kentern der Tide und das Vorsegel rauschte ins Meer. Ich machte eine Pause in Blankenberge um mich zu erholen vom Vorfall. Dann ging es weiter von Belgien nach Calais, Frankreich. Kurz vor der Hafeneinfahrt stellte ich fest, dass zwei Froststopfen am Motor einen Leck hatten und das Wasser nur so hinein ins Boot spritzte, die Bilge war voll. Sofort Motor aus, Segel hoch und Ventile verschließen. Leider begann daraufhin der Wind noch einzuschlafen, ich blieb also vor der Hafeneinfahrt stecken. Zum Glück kam ein Segler der mich abschleppte und an den Steg brachte. Ich blieb einige Tage in Calais um alles zu reparieren, so konnte ich keines Falls weiter segeln.

Ich lernte viele Leute kennen, wurde eingeladen und verbrachte tolle Abende. Nachdem ich mein Boot fit hatte und alle Lecks beseitigte, ging die Reise weiter nach Dover. Der Ort gefiel mir, ich blieb 14 tage um England mit der Bahn zu entdecken. Ich fuhr nach London & Canterbury. Dann bekam ich Lust weiter zu Segeln. Es ging nach Eastborne, das dies ein Albtraum werden konnte, ahnte ich in Dover noch nicht. Ich segelte bis Beachy Head, dann schlief der Wind ein und Nebel kam auf. Der Motor machte Probleme fing an zu stottern, als ich die Motorklappe öffnete, kam mir Wasser schon wieder entgegen, ich pumte alle 5 Minuten das Wasser aus der Bilge, der Motor ging nicht mehr an. Zum Glück entdeckte ich einen Segler, der für mich die Rescueguard rief. Ich wurde 20 Minuten später abgeschleppt und gelangte an ein Örtchen Namens Rye. Ich wurde an eine Pier gebracht, wo man mir sagte das der „Fluss“ bei Ebbe ein wenig Wasser verliert, was Sie mir nicht sagten war das er komplett trocken fällt. Die nächsten 3 Tage konnte ich nicht lange schlafen, immer wieder setzte mein Boot auf der Betonrampe auf, wo ich lag und drohte, seitlich wegzukippen. Von wegen ich habe meine „Ruhe“. Völlig übermüdet aber auch mit Hoffnung wurde ich dann von der Werft abgeschleppt, die sich meinen Motor der abgesoffen war, anschauten und reparierten. Ich wurde herzlich von den Engländern empfangen, überall kannte man mich schon und sprach mich mit Namen an. Ich bekam von der Werft erstmal Tee mit Milch und Keksen. Der Werftbesitzer sagte: Nie mehr würde ich aus Rye verschwinden. Da aus Tagen, Wochen wurden und dann Monate. Aufgrund des schlechter werdenden Wetters und des notdürftig überholten Motors entschloss ich mich schweren Herzens nicht mehr weiter Richtung Spanien zu segeln und umzukehren.

Am nächsten Tag lief ich mit dem ersten Hochwasser aus. An Bord war ein ein Engländer, den ich in Rye kennengelernt habe und nach Dover mitnahm. Ich machte den Fehler und verließ mich auf die Wetterprognose aus der Werft 3-4 Beaufort. Erst war die Fahrt angenehm, doch das änderte sich schlagartig als ich bemerkte das wir in einen Sturm reinsegelten, die Orkanböen wurden immer stärker. Der Engländer wurde unter Deck seekrank und ich hielt mit der Pinne in der Hand gegen Wind und Wellen an. Richtig ernst wurde die Sache, als dann durch die kenternde Tide auch noch die Wellen von der anderen Seite kamen und zwischenzeitlich übers Heck niederschlugen. Durch das ziemlich niedrige Heck, schlug jede dritte Welle im Cockpit ein, ich sicherte mich mit einer Lifeline und harkte mich an der Reling ein, um nicht vom Boot weggespült zu werden. 2 Seemeilen vor dem Hafen von Dover, bat ich den Engländer über Funk uns anzukündigen.

Doch der seekranke Engländer schrie nur noch: „Mayday-Mayday-Mayday.“ Völlig Irre!! Ich riss ihm sofort das Funkgerät aus der Hand, am liebsten hätte ich ihm eine geballert. Jedoch konnte ich mich jetzt mitten in der Anstrengung nicht mehr weiter um den Kerl kümmern und hatte alle Hände damit zutun, die Kiste auf Kurs zu halten. Mein Mitsegler unter Deck, der durchdrehte und es schaffte über Funk die ganze Welt herbei zu brüllen. In Gedanken sah ich schon die Rettungshubschrauber auf uns zukommen, die jetzt nachdem „Mayday Ruf“ unterwegs sein müssten. Was die Aktion wohl kosten würde? Mein ganzes Bankkonto würde geschröpft, nur wegen dieses verdammten Funkrufs. Aber erstmal Dover. Einfach nur ankommen. Egal um welchen Preis. Auch wenn ich danach ruiniert bin. Aber da waren sie schon wieder, diese Hubschraubergeräusche. Immer näher kamen sie. Oder flogen sie an uns vorbei? Hat man uns überhaupt gehört? Über Funk war jedenfalls nichts zu hören. Oder schicken Sie gleich einen Seenotkreuzer? Oder sogar zusätzlich? Oh Gott, wer soll das nur bezahlen. Zum Glück gibt der Typ unter Deck endlich Ruhe, ist vollkommen fertig mit der Welt. Und ich kann mich jetzt aufs Steuern konzentrieren. Bald war es geschafft, Dover in Sicht. An der Eingangsmauer wurde mir dann noch einmal ein bisschen mulmig, weil Wind und Wellen das Boot gefährlich nah an die Mauern der Einfahrt schoben. Wenigstens lief einmal der Motor. Als ich zum Hafenbüro ging, fragte der Hafenmeister mich erst, wie viele Tage ich schon da sei und schüttelte unglaubwürdig den Kopf, als ich ihm sagte, dass ich gerade eingelaufen sei. Er meinte, ich wäre nicht ganz bei Verstand, bei so einem Wetter mit dem kleinen Boot zu segeln. Der Engländer den ich mitgenommen hatte, äußerte sich in Dover ganz nebenbei, er würde nie wieder ein Boot betreten. Ich ersparte mir jeden Kommentar und war froh, dass scheinbar sein Notruf wirkungslos verpuffte; wahrscheinlich hatte er in seiner Panik die Sprechtaste am Funkgerät nicht gedrückt…

In Dover besuchte mich ein Freund aus Deutschland. Wir segelten nach einigen Tagen zurück zum Festland. Von Calais ging es nach Belgien und Richtung Deutschland zu meinem Heimathafen in Düsseldorf.

Fazit: Am Ende, muss ich sagen, dass es eine lange, schöne, erfahrungsvolle, abenteuerliche Reise war und ich trotz der ganzen Pannen nichts bereut habe und das Boot so schnell es ging wieder flott gekriegt habe. Eine gründliche Überholung erfolgte später; 2014 baute ich einen neuen und stärkeren Motor ein. Reparierte noch einiges und verbrachte eine sorgenfreie Saison in Holland.

Mein Traum, einmal den Atlantik zu überqueren bleibt. 🙂

Euer Hendrik

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1 Comment

  1. Thomas Kersten 25. April 2023 at 12:51

    Die Segeltour ist ja ein Glück gut ausgegangen. Hast die Nerven behalten und natürlich was dazu gehört Segeln können und wissen was man tun muss in diesen Situationen. Schöner Erlebnisbericht. Wenn man liest dann weiss man das war so….

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